Schon um 1850 herum gab es die Idee, einen Kanal vom Rhein bis an die Elbe zu bauen. Der sogenannte Mittellandkanal verbindet den Dortmund-Ems-Kanal im Ruhrgebiet bis zum Elbe-Havel-Kanal in Sachsen-Anhalt. Ein wichtiger Zubringer dafür ist die Weser und ein wichtiger Zufluss der Weser ist die Fulda. Diese wird wiederum von der Eder, einem ehemals kleinen Fluss in Nordhessen mit einem Gutteil ihres Wassers versorgt. Um die Wassermenge des Kanals zu regulieren, wurden um 1900 herum verschiedene Stauseen errichtet, der Edersee ist einer davon.
Bei der Errichtung des Edersees war schnell klar, dass dem neuen Stausee einige Dörfer weichen und überflutet werden müssen. Die Dörfer Asel, Berich und Bringhausen mussten weichen und wurden einige Kilometer entfernt wieder neu aufgetragen. Der Mechanismus ist aus Dörfern ihm Ruhrgebiet, die auf der Kohle liegen, bekannt. Der Aufbau der neuen Dörfer hat jedoch verhältnismäßig problemlos geklappt, Asel und Bringhausen sind nur einige Kilometer entfernt neu aufgebaut worden, Neu-Berich ist etwas weiter entfernt.
Alles von den Dörfern wurde jedoch nicht abgetragen. Einiges wurde gesprengt, wohl um auch den Schiffsverkehr nicht zu stören, aber einige Ruinen der drei Dörfer kann man bei einem niedrigen Wasserstand des Edersees noch erkennen – im Touristensprech heißt es „Edersee-Atlantis“. Eines dieser Highlights ist die Brücke und einige Grundsteine von Alt-Asel. Von der Brücke, die früher Asel mit Asel-Süd verband, wurde nur das Geländer entfernt, die Brücke selbst liegt heute normalerweise bis zu 10 Meter unter Wasser. Steigt der Pegel im Edersee unter 235m üNN. (den aktuellen Stand kann man hier einsehen), taucht die Brücke aus den Fluten auf und man kann sie betreten. Sinkt der Stand dann noch etwas weiter, kann man dem Aselbach folgen – bei unserem Besuch wirklich nur noch ein kleines Bächlein – und sieht dann noch einige Grundsteinmauern und kann sogar hinter den Bäumen versteckt einen alten Friedhof entdecken. Der steht zwar normalerweise vermutlich nicht mehr unter Wasser, ist aber ziemlich gut versteckt.
Der Edersee ist ohnehin immer einen Blick wert, es gibt im Edertal jede Menge Sachen, die es wert sind, gesehen zu werden – böse Zungen behaupten, das Edertal sei auch das Einzige, was in Nordhessen sehenswert ist. Die Aseler-Brücke bzw. Alt-Asel sind grundsätzlich frei zugänglich, es gibt keinen Eintritt und keine Öffnungszeiten – wenn denn der Pegelstand mitspielt. Nur barrierefrei ist die ganze Gegend leider nicht. Überhaupt nicht. Vielleicht schafft man es, wenn man von der Südseite kommt, die Brücke auch mit einem Rollstuhl (vermutlich aber am besten mit Begleitperson) zu betreten, aber barrierefrei ist die Gegend naturgemäß nicht. Es ist auch außer der Brücke nichts befestigt, man erkennt, wo früher Wege waren, aber gute Wege sind das nicht mehr.
Noch einen Tipp: Ersatzschuhe und -socken können nicht schaden. Das Gebiet ist je nach Pegelstand ziemlich sumpfig und man kann gut und gerne mal einige Zentimeter tief im Morast ein wenig steckenbleiben. Gelegentlich, nur bei entsprechendem Pegelstand, werden im Sommer rund zweistündige Führungen durch das Edersee-Atlantis angeboten, die Termine dazu sind ebenfalls auf der Edersee-Homepage zu finden. Grundsätzlich ist die Aufenthaltsdauer aber unbegrenzt. Wer nur die Brücke sehen und mal betreten möchte, wird nach einer halben Stunde fertig sein, wer eine Wanderung durch den fast leeren Edersee bei Asel unternehmen und auf den Spuren der damaligen Häuser wandeln möchte, kann dort durchaus auch zwei Stunden zubringen. In der Ferienzeit kann es mit den Parkplätzen etwas eng werden, wir hatten an einem Freitagnachmittag damit aber keine Probleme.
Wir können einen Ausflug dahin auf jeden Fall empfehlen. Um alles Sehenswerte um den Edersee herum zu sehen, sind wohl einige Tage nötig, aber man kann Alt-Asel durchaus mit einem Besuch der Staumauer kombinieren. Wann hat man schon mal die Chance, ein versunkene Brücke zu betreten?