In der ULB Darmstadt, im Herzen des Campus Stadtmitte gelegen und gerade in den Prüfungsphasen hochfrequentierter Ort (bis zu 1000 Studierende können hier gleichzeitig lernen und arbeiten!), befindet sich im Keller gegenüber der Schließfächer ein kleiner Ausstellungsgang. Ein knappes Dutzend Vitrinen ergänzt von einigen Bannern, auf dieser kleinen Fläche werden neben der Totenmaske Shakespeares als „Dauerausstellung“ immer wieder wechselnde Ausstellungen zu interessanten Themen gezeigt – über Emmanuel Bove berichteten wir bereits – aktuell zum Thema Herrschaftswissen am Hofe.
Philipp III. war Landgraf von Hessen-Butzbach, eine Grafschaft, die nur eine Generation überdauerte und dann nach Hessen-Darmstadt zurückfiel. Er selbst war ein gelehrter Mann und unter seiner Führung blühte Hessen-Butzbach enorm auf – was auch an seinen Kontakten zu führenden Astronomen gelegen haben kann, Johannes Kepler war mehrere Male zu Besuch und hätte nicht der Krieg es verhindert, wäre Kepler möglicherweise auch als Hofastronom in Butzbach geblieben. Jedenfalls war Philipp Sammler von Wissen und unterhielt eine vorzeigbare Hofbibliothek, verkehrte mit Rosenkreuzern, schaffte astronomische Instrumente an und über genau dieses astronomische Interesse geht es in der Ausstellung.
Die Ausstellung präsentiert Handschriften aus der Hofbibliothek, die sich mit astronomischen, medizinischen oder alchemistischen Themen befassen, es handelt sich bei vielen dieser Schriften um damaliges „Geheimwissen“ bzw. Herrschaftswissen, das die Herrscher wohl unter Verschluss hielten und informiert dabei auch noch ausführlich über die Kontakte zu Kepler und den Rosenkreuzern. Man erfährt dabei aber nicht nur einiges über Philipp III. und seine Kontakte, sondern lernt auch einiges darüber, wie die damalige Sicht auf die Welt war, es sind astronomische Karten ausgestellt, man sieht Auszüge aus den Rudolfinischen Tafeln und Anleitungen zum Beobachten des Himmels, Rezepte für alchemistische Verfahren und bekommt einen völlig neuen Blick auf die Welt.
Die Zeit um den dreißigjährigen Krieg herum gilt oft als eine sehr düstere Zeit, Tod, Krieg und Qualen prägen die Wahrnehmung dieser Zeit. Dass diese Zeit aber gerade in den Wissenschaften sehr viele Fortschritte mit sich brachte und dass es die Zeit war, in der wissenschaftliche Bücher in immer größeren Zahlen gedruckt wurden, verdeutlicht diese Ausstellung einmal mehr. Sie passt auch ein wenig zu einer weiteren Ausstellung, die derzeit im Hessischen Landesmuseum zu sehen ist und die sich mit der Sicht der Welt zur selben Zeit beschäftigt, dort gibt es astronomische Karten zu sehen, hier eben die gesellschaftlichen Hintergründe.
Die ULB ist derzeit 24 Stunden am Tag geöffnet und ist barrierefrei zugänglich, laut der Homepage kann man die Ausstellung aber nur zwischen 8 und 20 Uhr betrachten – wobei ich mich zu erinnern meine, sie auch gegen Mitternacht noch offen gesehen zu haben – was aber noch immer 12 Stunden sind, in denen man sich diese kleine Ausstellung mal anschauen kann. Sie ist in der ULB noch bis zum 22. Oktober 2017 zu sehen. Wenn man ohnehin gerade im Landesmuseum war oder ansonsten noch eine halbe Stunde Zeit in Darmstadt totzuschlagen hat, ist diese kleine, feine Ausstellung sicherlich einen Blick wert. Gerade wenn ihr alte Bücher und Handschriften interessant findet, gibt es dort einiges zu sehen und zu lesen – denn etwas textlastig ist die Ausstellung naturgemäß.