Strenggenommen ist diese Band inzwischen seit 11 Jahren auf deutschen Bühnen unterwegs. 2006 haben sie sich in Gießen als Jona:S gegründet, 2009 erschien unter diesem Namen ihre erste EP. 2012 benannte sich die Band in OK KID um, die Jungs waren inzwischen nach Köln gezogen und unterschrieben einen Vertrag bei Four Music, dem Label der Fantastischen Vier, die solche Künstler wie Clueso, Casper oder Materia gesignt haben – große Namen also, die aber auch schon die musikalische Richtung der Band vorgeben: musikalischer Hip-Hop, der nichts mit dem Gangster-Gehabe zu tun hat, sondern reflektierte und melodische Songs bietet.
Ich kenne die Band seit der ersten EP von 2009, habe seit der Umbenennung beide Alben rauf und runter gehört und bin bekennender Fan der Gruppe, denn auch wenn Hip-Hop nicht gerade meine Lieblingsmusikrichtung ist, sprechen mich die Songs der Gruppe sowohl textlich als auch musikalisch zwar nicht immer uneingeschränkt an, dennoch mag ich die Kombination von Jonas „laid-back“ Sprechgesang und den doch sehr melodisch, mitunter rockigen, mal eher poppigen Produktionen. Als ich dann gesehen hatte, dass die Band einer der Headliner auf dem diesjährigen Schlossgrabenfest war, wollte ich dort natürlich hin. Und was soll ich sagen, es war großartig!
Die Bedingungen sind ja vom Festival vorgegeben – und das unterscheidet das Schlossgrabenfest schon von einem klassischen Konzert. Open-Air in der Innenstadt, direkt auf dem Karolinenplatz (wer an der Bühne vorbeischaut, sieht das Audimax der TU), viel Laufpublikum durch freien Eintritt und jetzt nicht die typische Fangemeinde, die textsicher mittanzt. Nun, ich war ziemlich textsicher, stand aber ein wenig abseits und war in diesem Umfeld auch scheinbar der einzige, der entsprechend viel mitgesungen hat.
OK KID kamen pünktlich auf die Bühne und man merkt den Jungs ihre Bühnenerfahrung in jeder Sekunde an. Zuvor sahen wir einen jungen Künstler, der mit der kleineren Bühne schon sichtlich überfordert war, weil er sich derzeit eher in kleinen Clubs tummelt – OK KID hingegen haben schon einige Festivalbühnen beackert und das spürt man, Jonas‘ Bühnenpräsens ist wirklich unglaublich, die Band spielt routiniert aber nicht gelangweilt und die Interaktion mit dem Publikum funktioniert auch etwas dynamisch und nicht in eingefahrenen Routinen. Das Set war abwechslungsreich mit einem Fokus auf das letzte Album (die komplette Setlist habe ich hier mitgeschrieben). Über viele Songs habe ich mich sehr gefreut (gerade Atme die Stadt, einen Song, den sie mit Gerard zusammengeschrieben haben hat mich überrascht und gefreut), einige hätte ich mir nicht gewünscht (5. Rad am Wagen / Euforia, Wisch & Weg), aber insgesamt war das Set sehr gut ausgewählt und mit 19 Titeln auch ziemlich umfangreich; die Jungs haben die 90 Minuten gut gefüllt. Besonders gefreut hat mich dabei die Kaffee-Warm-Trilogie, drei Songs, die über die ersten beiden Alben (+ Zusatz-EP) verteilt waren und einen inhaltlichen Zusammenhang ergeben.
Stadt ohne Meer als Zugabe hat mich dann nochmal umgehauen, ein Song, in dem die Band ihre Beziehung zu Gießen würdigt, tatsächlich habe ich auch einige Verbindungen nach Gießen und kann diesen Song mehr als gut nachempfinden. Mit Schlaf wurde das geneigte Publikum dann in den Abend entlassen. Hier hätte ich mir zwar noch Mehr, Mehr, Mehr… vom ersten Album gewünscht, aber dennoch war es ein würdiger Abschluss eines gelungenen Konzertes.
Wer also die Chance hat, sollte sich die Band auf jeden Fall mal anschauen, das Publikum ist ziemlich heterogen, tendenziell aber etwas jünger – und wenn auch das Schlossgrabenfest nicht die perfekte Konzertatmosphäre vermittelt, lohnt sich sowohl der Besuch des Festes als auch der Besuch dieser Band – vor allem eben weil das Schlossgrabenfest nichts kostet.