In Yvonne, die Burgunderprinzessin im Staatstheater Darmstadt geht es um eine Prinzessin, Yvonne, die mit den Menschen um sie herum sehr wenig interagiert, es geht um einen Prinz, der eigentlich der schönen Seiten des Lebens frönt und auch kein Mädchen von seiner Bettkante stößt, doch Yvonne ist so hässlich, dass er sich nicht entscheiden kann: Mag er sie, weil sie so anders ist, weil sie sich keine Mühe gibt, zu der höfischen Gesellschaft dazuzugehören und weil sie auf die Interaktionsversuche der Gesellschaft nicht reagiert, oder verabscheut er sie, weil sie allen durch ihre Zurückhaltung einen Spiegel vorhält? Für die anderen ist relativ klar, wie sie zu Yvonne stehen: Sie können sie nicht leiden! König Ignaz und Königin Margarethe fühlen sich von ihr unter Druck gesetzt, vor allem die Königin fühlt sich von Yvonne verraten, denn sie hat Angst, dass jemand hinter ihre Fassade blicken kann. Der Kammerherr und Isa, aber auch Cyrill stehen ihr etwas kritischer gegenüber. Sie mögen sie auch nicht, aber sie verabscheuen sie zumindest nicht nur. Sie hänseln und mobben sie, aber erst als sie merken, dass sie selbst damit auf keinerlei Reaktion zu stoßen scheinen, fangen sie an, sie zu verabscheuen. Schließlich wehrt sie sich selbst gegen Gemeinheiten nicht und so wird Yvonne ihnen unheimlich und auch sie fühlen den vorgehaltenen Spiegel. Am Ende beschließt jeder für sich: Yvonne soll sterben.
Zu allererst muss ich hier sagen, dass es sich hier zwar um eine Produktion des Staatstheaters Darmstadt handelt, allerdings sind die hier spielenden Schauspieler alle mehr oder weniger Laien, denn es sind keine professionellen Schauspieler, sondern die Theaterwerkstatt für Erwachsene des Theaters hat dieses Stück einstudiert. Das hat man an einigen Stellen in der Premiere auch gemerkt. Mir zumindest ist mehr als ein Texthänger aufgefallen, über die ich mich schon gewundert habe bis ich gesehen habe, dass es sich um Laien handelt. Danach sind diese wirklich nur sehr kleinen und kaum auffälligen Fehler absolut verzeihlich.
Ich fand, von den kleinen Textfehlern abgesehen, das Stück wirklich super. Es war zwar modern, wie man das vom Staatstheater inzwischen kennt, aber es war nicht so, dass man den Sinn und Zweck hinter modernen Elementen nicht verstanden hat. So wird zum Beispiel am Ende ein Tisch für ein Fest aufgebaut und diese Tischoberfläche spiegelt. Die Schauspieler tragen sie herein und halten somit dem Publikum auch einen Spiegel vor. Die Idee dahinter ist also absolut verständlich, wenngleich nicht sofort offensichtlich. Das Bühnenbild ist insgesamt eher minimalistisch; das Stück kommt insgesamt mit knapp einem Dutzend Bühnenelementen aus und braucht auch sonst praktisch keine Requisiten. Die Schauspieler tragen alle schwarz, weiß und burgund und zeigen so auch eine gewisse Rolle, die sie im Stück innehaben. Besonders gut hat mir aber nicht nur die Ausstattung gefallen – wofür ich vielleicht auch persönliche Gründe habe – sondern auch die Tatsache, dass die Schauspieler zwischendurch die Rollen getauscht haben. Vor allem am Ende des Stücks tauschen die einzelnen Schauspieler die Rollen, was man zum einen am Verhalten merkt, aber auch daran, mit welchen Namen sie sich ansprechen. Kostüme oder persönliche Requisiten werden nicht getauscht, was den Tausch etwas schwierig zu durchschauen macht, aber man erkennt es dennoch, denn es sind nur 8 Schauspieler, von denen Yvonne natürlich nicht die Rolle tauscht, sodass man es erkennt, weil sich die Rollen mit den anderen Namen direkt ansprechen. Dieser Kniff ist besonders interessant, weil ich ihn so interpretieren würde, dass jeder sich so verhalten könnte und man deshalb sein eigenes Verhalten und seine Rolle immer selbst im Blick haben sollte und sich und sein Verhalten regelmäßig reflektieren sollte.
Insgesamt hat mir Yvonne, die Burgunderprinzessin wirklich gut gefallen. Wenn ich es kurz beschreiben sollte, würde ich es als eine Mischung aus Das Parfüm von Süskind und der Bibel bezeichnen. Und ich würde glatt behaupten, dass es eines der schönsten und spannendsten Stücke war, die ich jemals im Staatstheater Darmstadt gesehen habe.